Paul-Hermann (PH) Gruner wird 1959 als Sohn seiner Eltern geboren. So bestätigen es zumindest glaubwürdige Dokumente. Das Geschehen trägt sich zu in der Opel-Stadt Rüsselsheim, quasi am Zusammenfluss von Rhein und Main. Damals gilt: In Rüsselsheim wird man entweder Auto oder Autor. PH Gruner entscheidet sich für Letzteres. Ob dies wirklich klug war, bleibt abzuwarten.
Er verschlingt in Massen und beinahe wahllos all das an Literatur, was die ziemlich breiten Bücherregale im Elternhaus-Bungalow so hergeben. Darunter auch Schilderungen, die er begierig aufnimmt, aber sex und sonders noch nicht vollkommen versteht. Mit 14 Beginn regelmäßigen Schreibens. Statt Hausaufgaben. Das Resultat? Absehbar. Die Zeugnisse werden immer schlechter, die Texte immer besser. PH schreibt bis ins 19. Lebensjahr hinein mehrere Gedichtbände sowie zwei urkomische, quasi aus Versehen heraus avantgardistisch gewordene Romane. Alles sehr griffig, listig, lustig, schräg, unveröffentlicht ebenfalls. Letzteres ändert PH fortan – früh meschugge geworden. Er veröffentlicht also seit 1984 Bücher. Eventuell erneut eine Fehlentscheidung. Onassis jedenfalls ist mit ganz Anderem reich geworden.
Im Alter von 16 Jahren beginnt PH für mindestens ein Jahrzehnt regelmäßig an Fotomontagen und Text-Bild-Collagen zu schaffen. Die Beobachtung der Arbeit des Heidelberger Grafikers Klaus Staeck während des turbulenten und sehr spannungsreichen Bundestagswahlkampfes von 1972 („Willy wählen!“) bringt ihn auf den Geschmack. Er schaut nach, was bereits die Damen und Herren von Dada und Surrealismus sowie der berühmte Herr Herzfeld und nicht zuletzt die Herren Ungerer und Kolář alles mit Papier und Objekten schon getrieben haben, – und es ist endgültig um ihn geschehen. Nichts mehr zu machen. Seit dieser Zeit will er bis zur Volljährigkeit im halbjährlichen Wechsel mal ganz entschieden Schriftsteller, dann mal wieder ganz entschieden bildender Künstler, dann wieder Schriftsteller werden und so weiter und so fort und hin und her. Bis er sich sagt, den unauflöslichen Widerspruch mit einem einzigen immens genialen Gedanken auflösend: Dann halt das gepflegte Sowohl-als-auch.
Nach der Arbeit mit dem Papier geht PH den Weg weiter zur Objektkunst und zur Installation. Seit 1982 stellt er seine Kunst aus. Ein sehr spezifisch-kritischer, dabei humorig-assoziativer, satirisch-sarkastischer Personalstil zwischen Philosophie und Politik, zwischen Dada und Fluxus. Zwei Jahrzehnte später wird seine programmatische Werkschau KUAZWANJA (Akronym aus Kunst aus zwanzig Jahren) vom Kollegen Klaus Staeck eröffnet.
Da PH ständig auch etwas zu Zeitgeist, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik schreiben will, übrigens auch über Musik, Kunst, Architektur und Literatur sowie über Ikea, Gummibärchen oder Fischer-Dübel, sucht er seinen Weg in den Journalismus und wird auch fündig. Ist ja auch was mit Texten. Also kein wirklicher Bruch mit der Zweispurigkeit von Autor und bildender Künstler. Oder doch? Naja, dann ist seine persönliche Straße eben dreispurig ab Mitte der 1980er Jahre. Aber Achtung Sprache: Ein Straßenbauingenieur zum Beispiel kennt keine Fahrspuren, nur Fahrstreifen. Ja, Sprache gehört zum Schwersten. Leicht geht nur Fehler machen.
1995 gründet PH mit einer Handvoll engagierter Künstler diverser Gattungen das HoffART-Theater e.V., ein Stadtteil- und Hinterhoftheater im Martinsviertel in Darmstadt, das bis heute in exquisiter alternativer Qualität und mit großem Herz und Charme Programme zwischen Literatur und Musik anbietet. 2005 gründet PH zusammen mit dem Schriftstellerkollegen Wigand Lange die südhessische Literaturgruppe POSEIDON. Eine Austausch-, Ideen- und Projektplattform für Autoren aus der Region. Ein runder Tisch, der verhindern soll, dass Schreiber, die sich erstaunlich selten wirklich gut persönlich kennen, zu viel über- und zu wenig miteinander reden. Vom Schreiben übereinander gar nicht zu schreiben.